Noch vor eini­gen Jahren hat­te die Gemein­schaft der Videospiel­lieb­haber einen gemein­samen Feind: Den Großkonz­ern. Ein kap­i­tal­is­tis­ch­er, impe­ri­al­is­tis­ch­er und unglaublich zer­störerisch­er Vere­in, der eine Spur der Ver­wüs­tung durch die Spiele­land­schaft zog und arme Entwick­ler­stu­dios — die anson­sten bril­lante Spiele her­aus­ge­bracht hät­ten — dazu zwang, den 20. lieblosen Auf­guss ein­er alten Serie mit min­i­malem Aufwand in kurz­er Zeit auf den Markt zu werfen.

Jahre­lang ver­sucht­en Spiel­er diese Mis­ere zu durch­brechen. Sie boykot­tierten, sie “shit­stormten”, sie starteten Peti­tio­nen, aber let­z­tendlich… wur­den dann trotz­dem die Sims 3 C&A Col­lec­tion, Sim­C­i­ty mit Onlinezwang oder Call of Duty 12 auf den Markt gebracht. Und verkauften sich gut.

Der Hass auf die Spiel­e­branche wuchs. Auf die gesamte Spiel­e­branche? Nicht ganz. Denn Spiel­er ent­deck­te eine andere, viel effek­ti­vere Waffe. Sie bestraften nicht die Großkonz­erne, son­dern belohn­ten die kleinen Stu­dios. Wieso Dia­blo 3 kaufen, wenn man Tochlight 2 haben kann? Die Großkonz­erne haben keine Lust auf richtige Inno­va­tio­nen? Minecraft war geboren! So nah­men die Indiev­erkäufe und Entwick­lun­gen von Indie-Spie­len rapi­de zu. Selb­st große Verkauf­s­plat­tfor­men wie Steam nah­men jet­zt Indie-Spiele in ihren Kat­a­log auf.

Spiel­er gewan­nen wieder ver­trauen in die Spielein­dus­trie. Wie damals , als man zur Instal­la­tion noch CDs benötigte. Oder der Kopier­schutz aus einem selb­stzusam­men­baubaren Rad (Mon­key Island) oder die Frage nach dem Rohrdurchmess­er des Dev­as­ta­tor Panz­ers (Dune II) bestand.

Und schon ver­fie­len alle in Nos­tal­gie. “Wenn Indieen­twick­ler, mit ihrem unglaublichen Tal­ent doch nur die alten, teil­weise liegen­ge­lasse­nen Spiele wieder­beleben kön­nten, stünde der Gam­ing Welt eine neue Renais­sance bevor”. (Das Geschrei der Inno­va­tion­sar­mut der Großkonz­erne war an dieser Stelle bere­its vergessen.) Doch lei­der waren viele Indieen­twick­ler derzeit mit ihren eige­nen Spie­len beschäftigt oder hat­ten nicht genug Geld , um sich Mate­r­i­al und Lizen­zen unser­er Kind­heit­serin­nerun­gen zu sichern.

Die Geburt Kickstarters

Dann kam Kick­starter. Kick­starter sollte Fans die Möglichkeit geben, Ideen ander­er zu finanzieren. Es sollte den Entwick­ler­stu­dios die Möglichkeit geben, ihre Idee zu ver­wirk­lichen, ohne auf Kred­ithaie, die Geld­mafia oder schlim­mer — Spielepub­lish­er zurück­greifen zu müssen. So strömten mil­lio­nen von Fans auf das Backer-Por­tal, um den Neuauf­guss ihrer Lieblingsspiele zu finanzieren. Die Fans kon­nten dabei nur gewinnen.

Schließlich unter­stützen sie die Guten mit ihren Spenden (Sor­ry afrikanis­che Kinder, aber Wing­Com­man­der geht vor), beka­men nette Beloh­nun­gen, die von einem Sound­track bis hin zu ein­er ganzen Galax­ie, die nach einem benan­nt wird, reichen. Und: Sollte das Pro­jekt scheit­ern, beka­men sie ihr Geld zurück.

So wur­den die Spiel­er in nur 2 Jahren von frus­tri­erten Zynikern, zu Roman­tik­ern. Sie ver­liebten sich aufs Neue in das Medi­um Com­put­er­spiel und die dahin­ter­ste­hende Indus­trie. Aber ähn­lich wie in der wirk­lichen Liebe, wird irgend­wann der Zeit­punkt kom­men, an dem man die rosarote Brille ablegt und sich eines Mor­gens im Bett umschaut und fragt: “Mit wem hab ich hier nur ange­ban­delt?” (Außer bei uns Schatz. Bei uns ist das gaaaanz anders!)

Das Problem der Kickstarter

Während kleinere Spiele dur­chaus ohne Prob­leme über Backer zu finanzieren sind, sieht es bei größeren Pro­jek­ten schon recht düster aus. Ihr habt 6 mil­lio­nen an StarCi­t­i­zen gespendet? Wun­der­bar! Aber was nützt das, wenn die Lizenz für die CryEngine 3 schon 5 mil­lio­nen kostet?(Hypothese) Und schon muss man sich als Indi­es­tu­dio wieder nach neuen Geldquellen umschauen. Hal­lo, Pub­lish­er! Oder eben die Star Cit­i­zen Meth­ode anwen­den und die Fans dazu ver­führen, für jede Kleinigkeit Unsum­men zu zahlen. Chris Roberts macht seit Monat­en das, wofür EA 5 Jahre lang geflamet wurde. Das fällt halt nur nie­man­dem auf, weil alle viel zu sehr damit beschäftigt sind, ihre vol­la­n­imierten Klos in ihren 200-Euro-Raum­schif­f­en zu bewundern.

Ein Indi­es­tu­dio liefert ein inno­v­a­tives, von Spiel­ern gelobtes Spiel ab. Wie sieht das näch­ste aus? Wird es ein Flop? Wird es der Abklatsch vom Vorgänger? Wie wir in den let­zten 20 Jahren gemerkt haben, kön­nen die Helden von heute dur­chaus die Has­sob­jek­te von mor­gen sein. Da reicht es schon ein vergeigtes Com­mand and Con­quer auf den Markt zu brin­gen. Sollte es dann so weit sein, dass Chris Roberts zum Buh­man wird, kann es dur­chaus sein, dass er und sein Stu­dio das näch­ste Pro­jekt für Activi­sion-Bliz­zard pro­duzieren. Denn auch unter Entwick­lern gilt: Fam­i­lien kann man nicht von Luft und Liebe ernähren

Oder aber — und das ist mein per­sön­lich­er Favorit, dank dem mit absoluter Sicher­heit viele Leute mit Kick­starter auf die Schnau­ze fall­en wer­den: Stellt euch vor, ihr spendet für ein Spiel, das Spiel kommt raus und ist absolute Scheiße. Ich meine, so funk­tion­iert doch die Mark­twirtschaft seit jeher. Wie oft habt ihr schon irgendwelche Pro­duk­te gekauft und die Serv­er liefen nicht, das Game­play war grot­tig oder es war Pferde- anstatt Schweine­fleisch drin. Fehlin­vesti­tio­nen gabs in den let­zten 20 Jahren, die wirds auch in den näch­sten 20 Jahren geben. Auf dem Papi­er hörte sich Dia­blo 3 auch ganz toll an. Und wir wis­sen alle, was dann daraus gewor­den ist.

Trotz­dem gibt es zwei gute Gründe weit­er­hin über Kick­starter zu spenden:
1. Haben wir nix zu verlieren
2. Sind wir froh, wenn wir irgend­wann unsere große Liebe gefun­den haben