Ja, nach Guild Wars 2 ste­ht schon wieder das näch­ste “große” MMO in den Startlöch­ern (sor­ry, TESO). Näm­lich Wild­star. Das wurde zu einem großen Teil von WoW Vet­er­a­nen entwick­elt und bringt eini­gen alten Flair mit sich. Dazu ein paar neue, sehr gute Ideen. Ein paar alte Ideen verbessert. Aber lei­der auch einige Prob­leme. Da es mal wieder ein län­ger­er Artikel wird, werde ich ihn auch ganz klas­sisch gliedern und zu jedem The­menge­bi­et die pro und con­tra Argu­mente hervorbringen.

Grafik

Grafisch gibts hier für mich nichts zu meck­ern. Ähn­lich wie Guild Wars 2 wirken Land­schaften wie aus einem Gemälde entsprun­gen. Allerd­ings muss man dazu sagen, dass es im Falle Wild­star ein Com­ic-Gemälde ist. D.h. recht bunt und fet­zig. Das mag nicht jed­er. Auch der restliche Stil wirkt stark überze­ich­net. Charak­tere die klis­chee­hafte Gri­massen schnei­den, etwas selt­same Pro­por­tio­nen, Kampfham­ster und kleine Kinder mit Hasenohren. Let­zteres hat­te ich ja bere­its in mein­er Review zu Tera kri­tisiert und es wäre irgend­wo recht vor­ein­genom­men, wenns mich in Wild­star nicht stören würde. Aber immer­hin tra­gen die man­gaar­ti­gen Aurin in Wild­star keine Strapsen.

Was Bewe­gungsabläufe, Effek­te, Abwech­slungsre­ich­tum, Geg­n­erde­sign und Mimiken bet­rifft, gibts hier eigentlich gar nix groß zu kri­tisieren. Da hat Car­bine seine Hausauf­gaben gemacht. Alles wirkt flüs­sig und stim­mig. Aber wie gesagt: Ich habe sehr viele Spiel­er erlebt, die dem Spiel ein­fach nichts abgewin­nen kön­nen, weil sie keine Lust auf Com­ic-MMOs haben.

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Kampfsystem

Das Kampf­sys­tem ist das Guild Wars 2 Kampf­sys­tem nur in gut. Es ist ein dynamis­ches Kampf­sys­tem (also ganz viel auswe­ichen) mit ein­er begren­zten Fer­tigkeit­san­zahl. Ihr kön­nt also immer nur 9 Fer­tigkeit­en in eure Leiste ziehen und müsst euch somit spezial­isieren. Ins­ge­samt hat jede der 6 Klassen um die 30 Fer­tigkeit­en, die sich in Angriffs‑, Unter­stützungs- und Util­i­ty-Fähigkeit­en gliedern. Hat man ein Inter­esse daran, länger zu über­leben, muss man also auf ein paar Angriffs­fer­tigkeit­en verzicht­en und stattdessen mehr Util­i­ty- und Unter­stützungs-Fähigkeit­en ein­pack­en. Hat man ohne­hin einen anderen Spiel­er als Tank dabei, kann man sich auch auf Angriffs­fer­tigkeit­en spezialiseren.

Was in Wild­star anders als in Guild Wars 2 allerd­ings her­vor­ra­gend funk­tion­iert, ist die Über­sichtlichkeit in den Kämpfen. Zu jedem Zeit­punkt erhält man anhand der Telegraphen (bunte Flächen auf den Boden) eine gute Über­sicht darüber, wo man ste­hen sollte und wo bess­er nicht. Dass man ein­fach umkipt und nicht weiß, was schief gelaufen ist, habe ich selb­st in den wildesten Kämpfen nicht erlebt. Was mich allerd­ings etwas stört ist die Tat­sache, dass sich die ver­schiede­nen Fähigkeit­en teil­weise nicht sooo stark unter­schei­den. Die Effek­te sehen anders aus, der Angriffs­bere­ich bzw. die Reich­weite ist eine andere und das wars dann. Anders als beispiel­sweise in Dia­blo 3, hat­te ich in Wild­star nie das ver­lan­gen, aus Spaß­grün­den mal diese und jene Fer­tigkeit gegen eine andere auszu­tauschen. Das Kampf­sys­tem ist also etwas verbesserungswürdig. Aber wenig­stens spie­len sich die Klassen recht unterschiedlich.

Gruppeninhalte

Grup­pen­in­halte gibt es in Wild­star zu hauf. Jedes Gebi­et hat 4–7 Quests, die man nur in ein­er Gruppe schaft. Dazu gibts auch einen “Welt­boss” pro Gebi­et, für den man schon mit einem kleineren oder größeren Raid anrück­en sollte. vom Schi­w­erigkeits­grad fand ich bei­des aber recht ein­fach, sobald man mal eine entsprechende Gruppe zusam­men hat. Alle paar Lev­el gibts dann noch soge­nan­nte Ship­hand Mis­sio­nen. Diese find­en im Wel­traum, an Bord von Schif­f­en oder Aster­oiden statt und kön­nen zwar alleine gelöst wer­den, aber sobald man mit ein­er Gruppe anwe­send ist, wer­den die Geg­n­er stärk­er, wom­it sie eben­falls als Grup­pen­in­halt beze­ich­net wer­den kön­nen. Die Ship­hand Mis­sio­nen dauern meist um die 15 Minuten pro Durch­gang und soll­ten für etwas Abwech­slung sor­gen. Man beachte den Kon­junk­tiv. Ich fand die Mis­sio­nen näm­lich meis­tens recht öde und ehrlich gesagt, hätte man sich die Entwick­lungszeit dafür auch schenken können.

Anders sieht es bei den Adven­tures aus. Die erin­nern am ehesten an die Szenar­ios in WoW. Sie sind recht Sto­ry­lastig, oft hat man mehrere Vorge­hensweisen zur auswahl und die Ideen inner­halb der Adven­tures sind recht frisch. Dazu zählen Adven­tures in denen man Tow­er Defence like eine Basis vertei­di­gen muss oder Adven­tures in denen man ähn­liche wie in League of Leg­ends oder Dota feindliche Helden, Vasallen und neu­trale Boss­mon­ster bekämpft, bis man let­z­tendlich das feindliche Haupt­ge­bäude ver­nicht­en kann. Das finde ich recht span­nend, allerd­ings wirk­ten die Adven­tures größ­ten­teils noch etwas unbe­holfen. Da fehlte also noch einiges an Fein­schliff, damit es wie aus einem Guss wirkt.

Zu guter let­zt natür­lich noch die Dun­geons und Raids. Die sind recht schwierig — auch die Ein­stiegs­dun­geons. Aber die Boss­mechaniken spie­len auf einem Niveau, das mit­tler­weile auch WoW über­holt hat. Und die Mechaniken in WoW waren schon großar­tig. Wer also großen Wert auf Dun­geons und Raids legt, wird sich hier wohlfühlen. Es sei denn… er ist nicht son­der­lich frus­tre­sistent. Denn wie gesagt sind viele Dun­geons recht schw­er (über die Raids kann ich nichts sagen). Das bet­rifft auch ‑unver­ständlicher­weise- die ersten Dun­geons. Ich weiß, dass viele Spiel­er keine Lust auf die Anspruch­slosigkeit in Sachen Schwierigkeits­grad viel­er MMOs haben. Aber ganz ehrlich: In der Lev­el­phase möchte ich das Spiel ken­nen­ler­nen. Durch einen Dun­geon zu ster­ben, weil die Ran­dom­gruppe noch nicht so ganz einge­spielt ist, ist etwas, was ich im End­con­tent erwarte und nicht mit Lev­el 25.

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Questen

Das Prob­lem Schwierigkeits­grad, trifft man auch spätestens ab Lev­el 18 beim Questen wieder. Es gibt tat­säch­lich Geg­n­er im Spiel, die nicht zum Grup­pen­in­halt gehören, einen aber in 5 Sekun­den töten kön­nen. Auch wird man in späteren Stufen auch immer wieder  mit Grinds kon­fron­tiert. Es gab zu viele Quests, in denen ich 25 Geg­n­er von ein­er Sorte töten musste. Generell lässt das Questen im Mit­telfeld stark nach. Während es anfangs noch recht spaßig ist, weil die Geg­n­er schnell umfall­en, war ich ab Lev­el 20 nur noch gen­ervt, wenn es wieder hieß: Töte 20 Geg­n­er von Typ A und dann 15 von Typ B. Entwed­er hiel­ten die Geg­n­er zu viel aus und man musste schiere Massen von ihnen töten. Ich ver­ste­he ein­fach nicht, wie man heute noch solche Quests abliefern kann.

Ich meine: Da wird eine ver­bün­dete Basis von Geg­n­ern attack­iert (es gibt Phas­ing im Spiel). Und statt, dass der Quest­ge­ber dann von einem ver­langt, bes­timmte Schlüs­sel­po­si­tio­nen zu erobern, heißt es “Töte 25 Geg­n­er”. Geg­n­er muss man natür­lich so oder so töten. Aber bei der Sache mit den Schlüs­sel­po­si­tion hat man nicht das Gefühl, ein­er Arbeits­beschaf­fungs­maß­nahme zu erledi­gen. Und die gibts in Wild­star lei­der zu hauf. Gle­ich­es gilt für die Chal­lenges. Das sind Her­aus­forderun­gen, die irgend­wo in der Land­schaft auf­plop­pen und Spiel­er belohnen inner­halb von X Minuten ein bes­timmtes Ziel zu erfüllen. Anfangs lauteten die Ziele noch bei niedriger Schw­erkraft eine gewisse Anzahl von Kristallen zu besor­gen oder von Geysir­fontäne zu Fontäne hüpfen. Später sieht man einen neuen Geg­n­er­typ und weiß genau: Gle­ich bloppt die Chal­lenge auf, 30 von den neuen Geg­n­ern in 6 Minuten zu töten. Ein­fach nur öde. Richtig schlimm ist es dann, wenn man dann 30 getötet und die Chal­lenge erfüllt hat und dann im näch­sten Questhub die Quest bekommt, nochmals 20 von ihnen zu töten.

Das Questen in Wild­star ist ein riesen Prob­lem. Es gibt viele Möglichkeit­en das Questen ansprechend zu gestal­ten. Man kön­nte sie sehr sto­ry­lastig machen und Sprachaus­gaben hinzufü­gen. Man kön­nte frische Ideen rein­brin­gen. Oder das Questen so ausse­hen zu lassen, als würde man gar nicht questen. Ger­ade größere MMOs wie Star Wars The old Repub­lic, World of War­craft und auch (*Zack­en aus der Kro­ne brech*) The Elder Scrolls Online machen vor, wie halb­wegs gutes Questen auszuse­hen hat. Dass Wild­star, das ja von erfahre­nen Entwick­lern pro­duziert wurde, hier so ins Klo greift, kann ich über­haupt nicht ver­ste­hen. Erst recht dann nicht, wenn das Spiel viele gute und inno­v­a­tive Quests vor­weisen kann. Aber wenn auf eine tolle Quest 5 abso­lut öde, nervige und sog­ar frus­tri­erende Quests kom­men, dann ist das nicht mehr tragbar.

Wildstar Housing

Housing

Was mich allerd­ings etwas über jede Kri­tik hin­wegtrösten kann, ist das Hous­ing. Da gibts nix zu meck­ern. Über­haupt nix. Wer daran was auszuset­zen hat, hat keine Ahnung, wie gutes Hous­ing auszushen hat. Man hat ab Lev­el 14 eine schwebende Insel, auf der man sein Haus errichtet. Man kann die Insel bis ins Detail ein­richt­en. Bäume, Gärten, Pools, zig tausend Objek­te, die man nach belieben auf sein­er Insel oder in seinem Haus platzieren kann. Es gibt bis auf wenige Aus­nah­men kaum Gren­zen wom­it das Hous­ing stärk­er an TheS­ims erin­nert, als an typ­is­che Hous­ing-Sys­teme in MMOs. Die Gren­zen sind allerd­ings: Man kann keine richti­gen Wände hochziehen, son­dern hat vorge­fer­tigte Häuser. Und man kann größere Gebäude wie z.B. Wachtürme, Heli­pads oder Berg­w­erke nur an vorge­fer­tigten Orten platzieren. Also, damit sich nie­mand 15 Berg­w­erke auf die Insel platziert.

Denn diese Gebäude haben meist auch einen Nutzen. Man kann Handw­erk an ihnen betreiben, Rohstoffe sam­meln, Buffs abholen oder mit der Raid­gruppe zu Dun­geons auf­brechen. Daneben gibt es noch zig Möglichkeit­en weit­ere Ele­mente festzule­gen: Tape­ten, Fußbö­den, das Wet­ter, Tageszeit, etc. In dem Sys­tem sehe ich auch Abseits des Rol­len­spieles so viele Möglichkeit­en, dass sich ab jet­zt erst­mal jedes Hous­ingsys­tem an Wild­star messen muss.

Fazit

Werde ich mir Wild­star kaufen: Auf alle Fälle. Ob es “DAS MMO” wer­den wird, kann ich jet­zt allerd­ings noch nicht sagen. Das hängt stark davon ab, wie stark mich das Questen ner­ven wird, bzw. in wie weit es verbessert wird und wie es mit dem Endgame oder “Elder Game” ‚wie es dort heißt, ausse­hen wird. Etwas skep­tisch bin ich allerid­ngs über die Tat­sache, dass das Spiel schon am 3. Juni released wer­den wird. Denn bei Wild­star fehlt beson­ders eins: Fein­schliff. Zwar sind es bis Juni noch fast 3 Monate, aber die Beta ist, bis auf ein paar Woch­enen­den, zu Ende. Also bezweifel ich stark, dass die Entwick­ler es schaf­fen, die Prob­lem­zo­nen ohne richtiges Feed­back vor Release in die richti­gen Bah­nen zu lenken.