Es war für mich ein biss­chen schwierig eine passende Blogüber­schrift zu find­en. Aber ich finde, Online-“Intoleranz” trifft es ganz gut. Dabei geht es weniger um die typ­is­che Intol­er­anz, wie wir sie ken­nen. Es geht nicht darum, dass Ander­s­far­bige oder Leute ander­er Volksab­stam­mung ange­fein­det wer­den. Es geht darum, dass Men­schen wegen ein­er anderen “Genre‑, Kon­solen-. oder Kon­sum­ab­stam­mung” niedergemacht wer­den. Ger­ade wenn man sich öfter auf Tech­nik- oder Medi­en­seit­en rumtreibt, kann man die ver­schiede­nen Nutzer recht schnell in bes­timmte Lager (oder “Völk­er”) ein­teilen. Es gibt das Volk der X‑BOX-Spiel­er, das Volk der Apple-Fans, das Volk der WoW-Spiel­er…  Das sind natür­lich keine Völk­er im Sinne des Völk­er­rechts. Aber das soll hier nur ein kleines Gedanken­spiel werden.

Die guten Sitten…

Jed­er von euch hat es sich­er schon mal erlebt, dass irgend­wo im Inter­net poli­tisch inko­r­rek­te Dinge gesagt wur­den. Hier mal einen Juden­witz, da mal über Moslems gewet­tert und dort noch schnell das Wort “Neger” in der Raum gewor­fen. Es fol­gt dann meist — Poli­tik­foren aus­geschlossen — der übliche Shit­storm. “Wie kann man nur so etwas sagen”, “Bitte unter­lass das Schubladen­denken”, etc . Auch wenn ich von Shit­storms nichts halte, und man mein­er Mei­n­ung nach poli­tisch inko­r­rekt sein darf, finde ich es gut, dass extrem­istis­chen Mei­n­un­gen und Ansicht­en Paroli geboten wird. Diese Hal­tung ist, zumin­d­est im gebilde­ten Bere­ich der jün­geren (also mein­er) Gen­er­a­tion, so weit ver­bre­it­et, dass auf ein ras­sis­tis­ches Kom­men­tar zwanzig Kom­mentare der Entrüs­tung fol­gen. So weit, so gut.

Während die Leute  sofort bere­it sind, für Men­schen ander­er Volksab­stam­mung, Glauben­srich­tung oder sex­ueller Ori­en­tierung  in die Bresche zu sprin­gen, hört das Mit­ge­fühl beim Kon­sumver­hal­ten ander­er aber auf. Da wird dann fröh­lich über Kon­sumenten gehet­zt.  Leute wer­den öffentlich als Idioten tit­uliert, man stellt sie mit Fun­da­men­tal­is­ten gle­ich und macht sie für das große Übel in der Welt ver­ant­wortlich. Dabei haben sie nichts weit­er gemacht, als sich über Ama­zon Call of Duty zu kaufen oder sich ein Schnitzel­brötchen zwis­chen die Back­en zu schieben.

…sind schnell vergessen

Nach Logik der Aggres­soren haben sie beim Call of Duty Beispiel gle­ich zwei Fehler gemacht. Zum einen spie­len sie Call of Duty. Das heißt ‑und das ist lei­der der Kanon auf fast allen Spiel­seit­en — sie sind kleine ver­pick­elte Jungs, die keine Ahnung von intel­li­gen­ten Shootern haben. Noch dazu haben sie von solchen Monop­o­lis­ten wie Ama­zon gekauft, die hun­dert­tausende Men­schen aus­beuten, damit sich deren Vor­standsmit­glieder die 4. Vil­la in Mau­ri­tius leis­ten kön­nen. Im EVE Online Forum ist “WoW-Spiel­er” das Schimpf­wort schlechthin.  Es beschreibt einen Spiel­er der dumm und faul ist und denkt, dass er eine große Num­mer sei, weil er sich Vorteile durch Geld erkaufen möchte. Auf Tech­nikblogs gibt es eigentlich keine Apple-News in der sich Apple-Fans und Android-Fans gegen­seit­ig an die Gurgel gehen, weil jed­er meint er hätte das bessere Betrieb­ssys­tem oder ein besseres Preis-Leis­tungs-Ver­hält­nis. Und jet­zt, wo Veg­an­is­mus “Hip” gewor­den ist, laufen im Netz und auf Blogs tausende Nutzer durch die Gegend und wollen anderen erk­lären was für schlechte Men­schen sie doch sind bzw. an welchen Man­gel­er­schei­n­un­gen sie bald ster­ben werden.

Das nervt. Und um mal wieder den Bogen zu dem Beitragsan­fang zu schla­gen: Wo sind die Leucht­türme der Tol­er­anz jet­zt? Wo sind die, die schlicht­en, ver­suchen die Wogen zu glät­ten und Aggres­soren erk­lären, dass sie zu weit gehen; Dass vielle­icht Gefüh­le ver­let­zt oder das Gesprächs-Kli­ma zer­stört wird? Diese Men­schen sind jet­zt damit beschäftigt entwed­er selb­st Öl ins Feuer zu gießen oder ste­hen taten­los neben dran. Sie ste­hen da und schauen zu, weil man nur dann falsch han­delt, wenn man die Gefüh­le von jeman­dem ver­let­zt, den die Gesellschaft als Opfer erko­ren hat.  Und Zalan­do-Kun­den sind nun mal keine Opfer. WoW-Spiel­er sind keine Opfer. Schnitzel­brötch­eness­er sind keine Opfer. Das sind die ewigen Sün­den­böcke für alles, was so schief läuft. Und irgend­wie läuft das in der Gesellschaft außer­halb des Inter­nets nicht anders. Man macht sich keine Gedanken darüber, was richtig oder falsch ist. Son­dern ver­lässt sich stattdessen drauf, dass die bere­its aufgestell­ten Nor­men in der Gesellschaft die einzige Wahrheit darstellen. Und die Nor­men im Netz sagen nun mal:  Der fleis­chessende Ama­zonkunde, der in sein­er Freizeit Call of Duty spielt ist ein bös­er Men­sch und kein Opfer. Also Fack­eln raus und auf zur Jagd!