Ken­nt ein­er von euch zufäl­lig das Spiel Hatred? Ver­mut­lich nicht. Denn Hatred ist ein recht klein­er Indie-Titel. Vielle­icht aber doch, denn Hatred war in den ver­gan­genen Wochen recht oft in der Presse. Nicht deswe­gen, weil es der neue Geheimtipp der näch­sten Monate wird, son­dern deswe­gen, weil das Set­ting recht “gewöh­nungs­bedürftig” ist.

Wer sich damals bei der Flughafen-Szene in Call of Duty aufgeregt hat, sollte an dieser Stelle nicht weit­er­lesen. Denn Hatred set­zt es sich zum Ziel, den Spiel­er in die Rolle eines Amok­läufers schlüpfen zu lassen. Genüsslich bei der Jagd nach High­scores eine ganze Polizeis­ta­tion ver­wüsten, Zivilis­ten als men­schliche Schutzschilde benutzen und jeden daherge­laufen Unschuldigen ein­fach kalt­blütig ermor­den. Ich als alter Fan von Postal 2 stecke hier in ein­er leicht­en Zwickmühle.

Denn ein­er­seits sind es nicht nur Videospiele, bei denen man nicht alles todernst nehmen sollte. Es sind auch Medi­en, die nicht nur aneck­en dür­fen, son­dern auch aneck­en soll­ten, was die derzeit­ige Diskus­sion um Char­lie Heb­do bekräftigt. Ander­seits stelle ich mir immer wieder die Frage, wo man die Gren­ze ziehen sollte. Ist es okay, dass ich in einem Spiel unschuldige Pix­elfig­uren töte? Ist es okay, dass ein Spiel ras­sis­tis­ches Gedankengut ver­bre­it­et? Ist Gewaltver­her­rlichung okay? Oder ist es in Ord­nung, dass mein Pro­tag­o­nist in ein­er virtuellen Welt eine virtuelle 5‑jährige verge­waltigt und mir das Spiel alles unzen­siert und aus­führlich in fast foto­re­al­is­tis­ch­er Grafik darstellt?

Glaubt man vie­len Vertei­di­gern der Spiel­e­branche lautet die Antwort: Ja. Denn diese argu­men­tieren fast schon Gebetsmüh­le­nar­tig damit, dass ein Spiel reine Fik­tion ist. Bei keinem Schuss und bei keinem Schlag kommt ein Men­sch zu schaden.

Hatred Screenshot

Hatred: Amok­lauf in der Polizeistation

Pro­jiziert man diese Argu­men­ta­tion allerd­ings auch auf die restlichen Medi­en, dürfte es in keinem Land soet­was wie einen Index geben. Es dürfte auch keine rechtlichen Kon­se­quen­zen geben, wenn ich in meinem Film oder meinem Buch rechts- oder linksradikales Gedankengut ver­bre­ite. Schließlich kommt ja nie­mand durch mich zu schaden. Buch­staben oder Bilder ver­let­zen andere Men­schen nicht. Oder etwa doch?

Das war natür­lich eine rein rhetorische Frage 😉 Auch als freie und aufgek­lärte Gesellschaft muss man irgend­wo die Gren­ze zwis­chen geschmack­los und sit­ten- / rechtswidrig set­zen. Genau so wenig, wie ein lit­er­arisches Pam­phlet, das nur aus Het­ze gegen andere Men­schen, Kul­turen oder Reli­gio­nen beste­ht, nicht toleriert wer­den muss, genau so wenig muss der gle­iche Inhalt in Videospielform toleriert wer­den. Die wichtige Frage ist nur, wo diese Gren­ze liegt. Und ob ich ern­sthaft ein Spiel spie­len möchte, in dem ich mor­dend und verge­walti­gend durch die Gegend renne.

Die USA haben Hatred mit ein­er Kennze­ich­nung für Erwach­sene abges­traft, wodurch es wed­er auf Steam noch auf Kon­solen erhältlich sein wird. Hot­line Mia­mi 2 wurde in eini­gen Län­dern auf den Index geset­zt, da man im Spiel einen anderen Charak­ter verge­waltigt. Mein­er Mei­n­ung nach richtige Entscheidungen.

hotline miami2 rape

Hot­line Mia­mi 2: Eine Sekunde vor der Verge­wal­ti­gung entfernt.