Im The­men­bere­ich “Nos­tal­gie” wer­den von mir Spiele behan­delt, deren Qual­ität, Set­ting oder Spielmechaniken ich heutzu­tage schmer­zlichst ver­misse. Manch­mal sind das eher unbekan­nte Spiele, wie z.B. KKND, oft aber auch Titel, die bes­timmt jed­er von euch (ü20) ken­nt. Ein­er dieser Titel ist sicher­lich Theme Hospital.

Wer die Bull­frog Spiele selb­st gespielt hat, der weiß, dass es sich dabei streng genom­men um Sim­u­la­tion­sspiele han­delt, die sich selb­st nicht so ernst nehmen. Sei es als Ver­wal­ter eines Freizeit­parks (Theme Park), eines Dun­geons (Dun­geon Keep­er) oder eines alten Volkes (Pop­u­lous). Der Entwick­ler bewies hier immer ein gutes Händ­chen in Sachen Set­ting und Game­play. Selb­st heute noch ver­suchen viele Spiele ihren Bull­frog-Vor­bildern nachzueifern ( z.B. Godus, Dun­geons, War of the Over­world, Roller­coast­er Tycoon, etc.). Die meis­ten davon eher mit durchwach­sen­em Erfolg.

In diesem ganzen “Wir machen ne inof­fizielle Fort­set­zung zu einem Klas­sik­er bei Kickstarter”-Trubel ver­misse ich aber ein Spiel recht schmer­zlichst: Theme Hos­pi­tal. Mit Aus­nahme des 2007 erschiene­nen “Hos­pi­tal Tycoon” hat sich noch kein Entwick­ler so recht an das Kranken­haus-Set­ting herange­traut. Und das obwohl man mit Greys Anato­my, Pri­vate Prac­tice und zig anderen Arzt­se­rien doch eigentlich eine recht große Ziel­gruppe zusam­men­bekom­men kön­nte. Vielle­icht wis­sen viele engagierte Entwick­ler allerd­ings auch, wie schw­er es ist, dem großen Vor­bild gerecht zu wer­den. Immer­hin ist 2007 auch Hos­pi­tal Tycoon grandios gescheit­ert. Aber was machte den Erfolg von Theme Hos­pi­tal über­haupt aus?

Theme Hospital Krankenhaus

Zum einen natür­lich das Set­ting. Das war damals schon einzi­gar­tig. Man kon­nte ein Kranken­haus ver­wal­ten und dabei einen auf Emer­gency Room machen. Bull­frog glänzte hier genau­so wie in Theme Park damit, eigentlich (für dama­lige Ver­hält­nisse) kom­plexe Sim­u­la­tio­nen auf das nötig­ste run­terzubrechen und ein kurzweiliges, ein­fach zu bedi­enen­des Spiel daraus zu machen. So kosteten Gerätschaften wie Rönt­gengeräte keine 500.000 Dol­lar, son­dern nur 1.000. Kranken­häuser erstreck­ten sich nicht über 5 Eta­gen, son­dern bestanden nur aus eingeschos­si­gen Gebäu­den. Natür­lich liefen auch keine 1.200 Patien­ten durch die Flure, son­dern ger­ade­mal 80. Und die Erforschung neuer Medika­mente bestand eigentlich nur daraus, dass man drei Wis­senschaftler 2 Jahre lang in ein Labor steck­te, diese dort den ganzen Tag vor dem PC rum­lungerten und ab und zu mal an den Akten­schrank gin­gen. Man muss zugeben, dass durch diese Sim­pli­fizierung einiges an Kom­plex­ität bei der Leitung eines Kranken­haus­es ver­loren ging. Denn ver­glichen mit heuti­gen Sim­u­la­tio­nen, kann der Schwierigkeits­grad und die Spieltiefe von Theme Hos­pi­tal nicht mithalten.

Aber der Klas­sik­er hat etwas, was heutige Titel nur sel­ten besitzen: Man merkt an allen Eck­en und Enden, dass die Entwick­ler mit Spaß bei der Sache waren. Seien es die vie­len Gags, die abge­dreht­en Krankheit­en oder die ver­steck­ten Min­ispiele. So verir­rten sich von Zeit zu Zeit immer wieder Mäuse in das Kranken­haus. Wer es schaffte im Laufe eines Lev­els genug davon mit dem Maus­cur­sor zu erschießen (mit ein­er Schrot­flinte), durfte seine Ziel­ge­nauigkeit  in einem moorhuh­nar­ti­gen Min­ispiel erneut auf die Probe stellen. Genau solche Gags / Secrets ver­misse ich in heuti­gen Spie­len. Die Ameisen- / Dinosauri­er Lev­els aus Com­mand and Con­quer 1 und Alarm­stufe Rot 1 gehörten nach wie vor zu meinen Lieblingsmis­sio­nen. Sie waren aus­ge­fall­en, abge­dreht und man kann sich richtig vorstellen, wie irgend­wann mal ein Entwick­ler mit seinen Kol­le­gen am Pla­nungstisch saß und sagte: “Wie wäre es mit Riesenameisen?”

Bei der Leitung eines Kranken­haus­es in Theme Hos­pi­tal stand man als Man­ag­er allerd­ings noch vor ganz anderen Prob­le­men: Zum einen kamen von Zeit zu Zeit Not­fälle rein, die drin­gend Behand­lung benötigten. Wer es hier nicht schaffte alle Not­fall­pa­tien­ten in kurz­er Zeit zu behan­deln, war wenige Sekun­den später für deren Ableben ver­ant­wortlich. Gut, so etwas passiert heutzu­tage auch in den besten Kranken­häusern. Im Spiel hat­ten die Tode allerd­ings gravierende Auswirkun­gen: Der Ruf des Kranken­haus­es rutschte mit jedem Toten immer weit­er in den Keller. Die Patien­ten weigerten sich nach ein­er Weile natür­lich in ein Kranken­haus zu gehen, das einen großen Teil sein­er Patien­ten über den Jor­dan schick­te. Sie gin­gen dann stattdessen lieber zu einem von vier Konkur­renten, mit denen man in jed­er Mis­sion “um die Wette behan­delte”. Durch die Abwan­derung wurde man mit finanziellen Ein­bußen ges­traft. Und sobald man das teure Per­son­al nicht mehr bezahlen kon­nte, war das Spiel schnell vorbei.

Theme Hospital Kotze

Zu allem Übel warf einem das Spiel im Laufe der Kam­pagne noch alle möglichen Steine in den Weg. Z.B. Naturkatas­tro­phen. Ger­ade wenn die Geräte in schlecht gewarteten Zus­tand waren (weil man z.B. zu knau­serig war genü­gend Haus­meis­ter einzustellen), kon­nte schon ein kleineres Erd­beben dafür sor­gen, dass durch die Explo­sion des MRTs nicht nur  ein finanzieller Schaden ent­stand, son­dern auch umste­hende Patien­ten ins Nir­vana geblasen wur­den . Man hat­te also ger­ade auf höheren Schwierigkeits­graden alle Hände voll zu tun. Und natür­lich gabes auch, wie es sich für einen ordentlichen Man­ag­er gehört, die oblig­a­torischen Kotzfleck­en auf den Fluren.

Wer das Spiel genau so ver­misst hat wie ich, wird schon für ein paar Euro bei GoG oder Ori­gin fündig. Wobei ich vor­sicht­shal­ber dazu sagen muss, dass die Mauss­teuerung auf neueren Betrieb­ssys­te­men etwas bug­gt. Aber das tut dem Spielspaß keinen Abbruch.