Als ich bei Bat­tle­front schon vor dem ersten DLC die Lust ver­lor und auch dieser ganze Call of Duty Quatsch seit Jahren an mir vor­beige­ht, dachte ich eigentlich schon, dass es in Sachen Mul­ti­play­er-Shoot­er nur noch Bat­tle­field gibt, welch­es mich län­gere Zeit unter­hal­ten kann. Rain­box Six Siege hat­te ich eigentlich schon abgeschrieben, nach­dem Ubisoft zur Rain­bow Six Beta let­ztes Jahr ihre kun­de­nun­fre­undliche Null-Infor­ma­tion­spoli­tik gefahren ist. Da jet­zt aber immer mehr mein­er abon­nierten Bat­tle­field Youtu­ber (z.B. Fabi­an Siegis­mund oder Cornyyy) zu Rain­bow Six gewech­selt sind, habe ich das Spiel doch ein mal angetestet.

Nor­maler­weise kann ich Let’s Plays nicht ausste­hen. Auch wenn mir die Spiele gut gefall­en, ödet mich das bloße Zuse­hen nach ein paar Minuten an. Bei den “Siege Videos” auf Youtube war das allerd­ings anders. Die Run­den waren kurz und knack­ig und jedes Mal extrem span­nend. Der Ablauf ist dabei immer gleich.

Es gibt zwei Teams aus je 5 Per­so­n­en — die Vertei­di­ger und die Angreifer. Die Angreifer gewin­nen, wenn sie alle Vertei­di­ger töten oder das Mis­sion­sziel erfüllen (z.B. die Geisel ret­ten). Zu beginn jed­er Runde wählt jed­er Spiel­er einen soge­nan­nten Oper­a­tor (qua­si seinen “Spielcharak­ter). Jed­er Oper­a­tor ver­fügt dabei über beson­dere und einzi­gar­tige Waf­fen bzw. Gad­gets. Diese reichen von einem Vorschlagham­mer, über Granatwer­fer, Störsender oder Herz­schlagsen­soren bis hin zu Medikits.

Die Vorbereitungsphase

Bevor die Kampfhand­lun­gen begin­nen, gibt es eine knapp 1minütige Vor­bere­itungsphase. In der Vor­bere­itungsphase müssen die Vertei­di­ger das Mis­sion­sziel absich­ern und sich mit Bret­tern, Met­all­wän­den, Stachel­draht und aller­hand Fall­en ver­bar­rikadieren. Die Angreifer steuern in dieser Zeit kleine fahrbahre Kam­er­adrohnen und ver­suchen nicht nur die Vertei­di­ger aus­find­ig zu machen, son­dern auch das Mis­sion­sziel (Geisel, Bombe, Gefahrgut­con­tain­er). Das ist leichter gesagt als getan, denn auf jed­er Map gibt es zig ver­schiedene Orte an denen sich das Mis­sion­sziel befind­en kön­nte. Und diese Orte müssen deswe­gen von den Angreifer Stück für Stück abge­grast werden.

R6 Siege Screenshot

Dank der Aufk­lärung mit den Drohnen kön­nen die Angreifer auch erken­nen, wo sich die Vertei­di­ger aufhal­ten und noch wichtiger: Welche Oper­a­toren die Vertei­di­ger nutzen. Weiß man z.B. dass ein­er der Vertei­di­ger den rus­sis­chen Oper­a­tor “Kap­kan” spielt, kann man sich gle­ich darauf ein­stellen, dass das Gebäude mit Sprengsätzen ver­mint wurde. Denn diese sind die beson­dere Fähigkeit des Russen.

Die Vertei­di­ger müssen die feindliche Drohne­naufk­lärung allerd­ings nicht ein­fach so über sich erge­hen lassen. Sie kön­nen die Drohnen durch einen geziel­ten Schuss sofort auss­chal­ten. Der Oper­a­tor “Mute” ist z.B. auch in der Lage Störsender zu platzieren, die die Drohnen sofort auss­chal­ten. Unvor­sichtige Drohnen­fahrer haben dann sofort gelit­ten, wenn sie in die Nähe eines dieser Störg­eräte fahren.

Die Stürmung der Festung

Ist die Vor­bere­itungsphase vor­bei, begin­nt die Stür­mung des Gebäudes. Dabei müssen sich die Angreifer natür­lich auf die gelegten Fall­en und beson­ders auch vor Hin­ter­hal­ten in Acht nehmen. In meinen ersten Run­den dachte ich noch so: “Ach, ich hab 15 Jahre Shoot­er-Erfahrung. Das wird schon irgend­wie klap­pen. Zie­len und abdrück­en.” Aber in Rain­bow Six: Siege befind­et man sich in der rein­sten Hölle, sobald man die Türschwelle des Gebäudes über­schre­it­et. Zum einen sind die Gebäude der Maps extrem ver­winkelt. Selb­st bei vor­sichtigem Vorge­hen kommt es häu­fig vor, dass man von der Seite oder von hin­ten erschossen wird.

R6 Siege Screenshot 2

Das ist vor allem auch der fast voll­ständig zer­stör­baren Umge­bung geschuldet. Häu­fig wird man durch Wände oder andere Hin­dernisse hin­durch erschossen. Es ist natür­lich auch möglich, sich ein Loch in die Wand zu schla­gen und sich dahin­ter mit der Waffe auf die Lauer zu leg­en, um unvor­sichtige Angreifer zu erschießen. Das Spiel spielt dabei extrem geschickt mit der Zer­stör­barkeit der Map. Man muss sowohl als Angreifer als auch als Vertei­di­ger immer wis­sen, ob die entsprechende Wand oder Decke zer­stör­bar ist oder nicht. Vertei­di­ger haben dabei auch die Möglichkeit Wände zusät­zlich zu ver­stärken, wodurch nur noch gewisse Angriffs-Oper­a­toren in der Lage sind die Wand zu zer­stören (z.B. mit Ther­mit-Sprengsätzen). Da diese Wand­ver­stärkun­gen begren­zt sind, ist es allerd­ings nicht möglich einen einzel­nen Raum in einen Bunker zu ver­wan­deln. Einige Schwach­stellen wird ein Raum immer besitzen. Und diese Schwach­stellen wer­den dann auch knall­hart von den Angreifern ausgenutzt.

Keine gute Balance beim Matchmaking

Über­haupt ist das Spiel vom Prinzip her gut gebal­anced. Es gibt keine über­mächti­gen Oper­a­toren. Auch kann jede Fähigkeit und jedes Gad­get irgend­wie gekon­tert wer­den. Die Maps sind gut durch­dacht und abwech­slungsre­ich. Allerd­ings hat das Spiel ger­ade für Anfänger und Profis einen extremen Makel: Das Match­mak­ing. Das Match­mak­ing ver­sucht zwar unge­fähr gle­ich­starke Teams gegenüberzustellen, set­zt dabei aber ohne mit der Wim­per zu zuck­en Anfänger und Profis in ein Team.

Für jeman­den der das Spiel erst seit ein paar Stun­den spielt, ist das extrem demo­tivierend, wenn man eigentlich nichts zu melden hat und als Ahnungslos­er immer der erste ist, der über den Jor­dan geht. Der Profi hinge­gen regt sich auf, wenn ein Anfänger wieder mal das Spiel ver­mas­selt hat, in dem er z.B. aus Verse­hen die Geisel oder einen Teamkam­er­aden getötet hat. Wieso Ubisoft hier nicht ein­greift, kann ich beim besten Willen nicht nachvol­lziehen. Ich hat­te teil­weise erst 20 Spiele hin­ter mir und werde mit Leuten in einen Topf gewor­fen, die bere­its über 300 Spiele gemeis­tert haben. Wieso?

Denn anders als die ganzen Bat­tle­fields oder Call of Dutys ist Rain­bow Six Siege vor allem eins: Extrem anspruchsvoll. Man kippt so schnell aus den Latschen, dass man froh sein kann über­haupt noch zu merken, was ger­ade schief gelaufen ist. Man muss die Maps aus dem Eff­Eff ken­nen. Man muss die Oper­a­tor aus dem Eff­Eff ken­nen. Man muss wis­sen, wo die Feinde lauern. Muss sich mit seinen Teamkol­le­gen absprechen, etc.

Die Lernkurve in diesem Spiel ist so steil, dass selb­st die Sim­u­la­tion­sshoot­er wie Armed Assault wie der rein­ste Kinderge­burt­stag wirken. Das mag ger­ade Anfänger schnell abschreck­en. Aber für mich ist Rain­bow Six Siege ger­ade deswe­gen DER Shoot­er der let­zten 2 Jahre.