Es ist eigentlich schon beschlossene Sache, dass sich die Abge­ord­neten im Land­tag Rhein­land-Pfalz die Diäten erhöhen. Auch wenn es son­st häu­fig Zoff im Land­tag gibt, wenns um mehr Kohle geht, sind sich plöt­zlich alle einig. Nur die AfD hat sich gegen die Erhöhung ausgesprochen.

http://www.swr.de/swraktuell/rp/mainzer-landtag-diaeten-sollen-kraeftig-erhoeht-werden/-/id=1682/did=19198048/nid=1682/1bo7cmx/index.html

Dabei wer­den die Diäten inner­halb von 3 Jahren von 5.800 Euro auf 6.800 Euro erhöht. Zusät­zlich dazu gibts wie gewohnt Pauschalen für son­stige Kosten, die mit der Tätigkeit als Abge­ord­neter in Verbindung stehen.

Es gab ger­ade auf Face­book hitzige Diskus­sio­nen, über die Erhöhung. Mal vom üblichen Stammtis­chge­blub­ber wie “Poli­tik­er sind doch eh alle über­bezahlte Vol­lid­ioten” abge­se­hen, gab es auch zahlre­iche, sach­liche Pro- und Contra-Argumente.

Ich per­sön­lich bin wie fast fünf mil­lio­nen andere Bürg­er eben­falls Staats­di­ener und sehe die Erhöhung grund­sät­zlich kri­tisch und kann manche der Pro-Argu­mente nicht nachvol­lziehen. Hier eine kleine Auswahl der Argu­mente aus den sozialen Medien.

(1) “Es wer­den ja ohne­hin schon Mil­liar­den öffentliche Gelder für Fehlpla­nun­gen (Flughäfen, The­ater, etc.) oder über­bezahlte Inten­dan­ten im öffentlich-rechtlichen Run­funk / Fernse­hen aus­gegeben. Da machen die paar Mil­lio­nen den Bock auch nicht mehr fett.”

Eines der häu­fig­sten Argu­mente der Vertei­di­ger der Erhöhung. Ist für mich allerd­ings rel­a­tiv schwach. Klar, im Gesamthaushalt gibt es weitaus größere Posten, bei denen das Geld zum Fen­ster gewor­fen wird. Let­z­tendlich recht­fer­tigt ein Übel aber nicht automa­tisch ein anderes. Argu­ment 2 geht in eine ähn­liche Richtung.

(2) “Die Diäten wer­den nur auf ein mit anderen Amtsin­hab­ern ver­gle­ich­bares Niveau ange­hoben. Es kann nicht sein, dass ein Bürg­er­meis­ter ein­er kleinen Ver­bands­ge­meinde mehr ver­di­ent als ein Landtagsabgeordneter.”

Das Argu­ment kann ich per­sön­lich viel bess­er nachvol­lziehen. Wurde auch genau so von den Parteien des Land­tages einge­bracht. Nichts­destotrotz muss ich mir hier natür­lich die Frage stellen, wieso das automa­tisch heißen muss, dass die Land­tagsab­ge­ord­neten unter­bezahlt sind und nicht, dass der Bürg­er­meis­ter der VG Klein-Win­ters­bach ein­fach über­bezahlt ist?

Sta­tis­tisch gese­hen, gehört jemand, dem ein Net­toeinkom­men von 4.400 Euro zur Ver­fü­gung ste­ht, zur einkom­men­sre­ichen Schicht. Da muss man sich natür­lich die Frage stellen, ob Poli­tik­er zusam­men mit Vorstän­den, Großun­ternehmern oder den restlichen 1% der Bevölkerung zwangsweise zur reichen Ober­schicht gehören müssen? Hier set­zt das Pro-Argu­ment Num­mer 3 an:

(3) “Man muss ver­hin­dern, dass qual­i­fizierte Arbeit­skräfte in die Pri­vatwirtschaft abwan­dern, weil die viel bess­er bezahlt”

Argu­ment 2 und Argu­ment 3 sind zusam­mengenom­men her­vor­ra­gende Argu­mente. Die würde ich auch so unter­stützen, gäbe es da nicht ein paar Haken:

A. Bei der Höhe des derzeit­i­gen Einkom­mens (5.800 Euro) ist man schon in einem Bere­ich, in dem der Nor­mal­sterbliche sagen würde: Da hat man aus­ge­sorgt, da muss man mit nor­malen Ansprüchen eigentlich nicht mehr wirk­lich aufs Geld acht­en. Würde ich jet­zt aber bei der Fes­tle­gung der Einkom­men­shöhe die Pri­vatwirtschaft her­anziehen, wäre das ein Fass ohne Boden. Dann dann müsste ich mich Fra­gen, was denn diese pri­vatwirtschaftlichen Ver­hält­nisse sind, mit denen die Poli­tik ange­blich gehaltsmäßig konkur­ri­eren muss. Ist das dann der Topan­walt ein­er inter­na­tionalen Kan­zlei, der 3 — 10 Mil­lio­nen Euro im Jahr ver­di­ent? Oder der Banken­vor­stand mit einem Einkom­men von 15 Mil­lio­nen? Da sind die 6.800 Euro doch lächer­lich. Sollte man die Diäten dann nicht gle­ich auf 250.000 Euro erhöhen?

B. Was recht­fer­tigt denn eigentlich eine Diäten­er­höhung von fast 20 % inner­halb von 3 Jahren bei den Poli­tik­ern, wenn sich die anderen Staats­be­di­en­steten mit 4–6% im gle­ichen Zeitraum abfind­en müssen, weil ja laut Aus­sagen der­sel­ben Poli­tik­er, lei­der zu wenig Geld in den öffentlichen Kassen ist. Ist es denn nicht sin­nvoll auch einen Inge­nieur, einem Abteilungsleit­er oder auch ein­er der vie­len Ser­vicekräften ein angemessenes Gehalt zu zahlen? Wenn der Bauleit­er eines Großpro­jek­tes kaum Ahnung hat, weil die fähi­gen Leute ja anscheinend alle wegen der besseren Bezahlung in der Pri­vatwirtschaft arbeit­en, ist dem Bürg­er im End­ef­fekt auch nicht geholfen.

Erst diese Woche musste bei uns nach monate­lan­gen Bauar­beit­en eine Straße wieder aufgeris­sen wer­den. Die Ver­ant­wortlichen haben vergessen die Hal­te­bucht­en der Busse so groß zu gestal­ten, dass auch Gelenkbusse darin hal­ten können.

Ich wün­sch mir von der Poli­tik ein­fach mehr Sol­i­dar­ität. Die Diäten z.B. mit der durch­schnit­tlichen Lohn­steigerung der eige­nen Bevölkerung zu verbinden, ist eine tolle Idee. Sich ein­fach mal 20% mehr Gehalt auszuzahlen, während man den ganzen Tag damit beschäftigt ist den Bürg­ern und Angestell­ten zu erk­lären, dass das Geld ja sooooo knapp ist, ist ein­fach nur unsolidarisch.