Als vor eini­gen Jahren Dia­blo 3 erschien, war ich — und sich­er auch mil­lio­nen andere — so richtig angepisst. Da wartet man so lange Zeit auf ein tolles Hack & Slay und bekommt dann so einen Mist serviert. Auch Torch­light 2 brachte damals nicht den erhofften Spielspaß. Irgend­wann las man dann aber immer mehr pos­i­tive Kri­tiken zu einem Hack & Slay namens Path of Exile. Da das ganze auch noch Free to Play war, war das für mich ein Grund mal reinzuschauen.

Damals (2014) habe ich die ersten bei­den Akte absolviert. Und vor eini­gen Wochen habe ich das Haupt­spiel dann zuende gebracht. Das Addon “The Awak­en­ing” habe ich bis jet­zt noch nicht angerührt. Ich gehe auch davon aus, dass das so bleiben wird. Aber wo fange ich an?

Path of Exile ist von den Spielmechaniken her ein fast klas­sis­ches Hack&Slay. Man wählt seine Klasse aus, schnet­zelt sich durch unendliche Mon­ster­hor­den. Sam­melt Erfahrung, sam­melt Gegen­stände, treibt die Sto­ry voran und tötet Boss­geg­n­er. Selb­st in den frühen Spiel­phasen fällt allerd­ings schon der erste Unter­schied auf: Man bekommt seine Fähigkeit­en nicht ein­fach per Lev­elup geschenkt, son­dern muss diese in Form von Edel­steinen sam­meln und aus­rüsten. So fand ich mit mein­er Hexe recht früh den Edel­stein für den Skill “Feuer­ball” den ich auch gle­ich in meinen Zauber­stab steck­te. Erst nach dem Ein­fü­gen in getra­gene Gegen­stände, lies sich der Feuer­ball auf Geg­n­er schleudern.

poe battle 2

Die Idee dahin­ter ist eigentlich ziem­lich gut. Denn als Hack & Slay Spiel­er freut man sich ja übers Sam­meln. Und wenn man jet­zt nicht nur Waf­fen oder Rüs­tun­gen sam­meln kann, son­dern auch noch Fähigkeit­en, dann um so bess­er. Man find­et außer­dem nicht nur Gegen­stände für seine Klasse — also Zauber für meine Hexe — son­dern erhält eben­falls auch immer wieder Fähigkeit­en für “andere Klassen”. Die Anführungsze­ichen habe ich deswe­gen ver­wen­det, weil grund­sät­zlich jede Klasse, jede Fer­tigkeit ver­wen­den kann, sofern die richtige Menge an Attrib­ut­spunk­ten vorhan­den ist. Ich kön­nte also mit mein­er Hexe auch Pfeil- oder Nahkampf­fer­tigkeit­en ver­wen­den, da wed­er die Skills noch die Aus­rüs­tung klassenbeschränkt sind. Jeden­falls in der Theorie.

Der Passive Skilltree

Jet­zt kom­men wir zu einem größeren Kri­tikpunkt: Den Pas­sive Skill­tree. Dort kön­nt ihr nach jedem Lev­elup Punk­te verteilen, die die Attribute eures Charak­ters verbessern. Neben den Klas­sis­chen Attribut­en wie Stärke, Intel­li­genz und Genauigkeit, gibt es dort auch zahlre­iche andere Boni auf Zauber­stärke, Effek­tiv­ität von Heil­tränken oder der Wahrschein­lichkeit von fest­ge­frore­nen Geg­n­ern. Da alle Klassen den gle­ichen pas­siv­en Skill­tree ver­wen­den, ist es auch möglich mit mein­er Hexe Attribute wie Stärke zu skillen, um einen dick­en Zwei­hän­der tra­gen zu kön­nen. Dazu muss ich allerd­ings einen kleinen Umweg in Kauf nehmen, da der Skill­tree wie ein Spin­nen­netz aufge­baut ist und sich die Attribute für die “Kriegerfähigkeit­en” im Süden des Spin­nen­net­zes befind­en, meine Hexe allerd­ings bei den Zauber­fähigkeit­en im Nor­den startet (siehe Bild).

Dieses Skill­sys­tem wurde bei Release gefeiert ohne Ende, während das Skill­sys­tem in Dia­blo 3 mas­siv durch den Kakao gezo­gen wurde. Aber ich frage mich jet­zt, nach­dem ich bei­de Spiele durchge­spielt habe, ob die Kri­tik­er irgend­wie die gle­ichen Spiele gespielt hat­ten? Bei Path of Exile gibt es bei der Skil­lverteilung nur klas­sis­che 10% mehr von diesem, +5 auf jenes, Skills. Das ödet mich schon seit 15 Jahren an. Skillpunk­te zu verteilen, nur um irgendwelche prozen­tualen Vorteile zu haben, ist irre lang­weilig. Wenn ich “Skille” dann erwarte ich, dass sich das je nach Schw­er­punkt mas­siv auf das Game­play mein­er Klasse auswirkt. Das ist bei Daiblo 3 der Fall. Bei PoE allerd­ings nicht. Meine Hexe spielt sich fast immer gle­ich, egal welche Skil­lung ich ver­wende. Klar macht sie bei ein­er Frost­skil­lung mehr Frostschaden. Aber außer dass die Geg­n­er schneller umfall­en oder man selb­st mehr aushält, merk­te ich auch beim 3. Neuskillen keine großen Unter­schiede. Änderun­gen im Game­play gibts erst, wenn ich meine Fähigkeiten/Zauber austausche.

Path-of-Exile Skilltree

Wo ich ger­ade vom Neuskillen rede: Um die bere­its aktivierten Skillpunk­te zurück­zubekom­men (z.B. wenn man merkt, dass die aktuelle Skil­lung Mist ist) benötige ich einen Haufen Ressourcen, da ich nicht auf Knopf­druck die gesamte Skil­lung zurück­set­zen kann, son­dern jeden mein­er über hun­dert geskill­ten Punk­te einzeln zurück­set­zen muss. Und da man diese “Skill­re­set-Ressourcen” nicht ger­ade hin­ter­herge­wor­fen bekommt, läuft es oft darauf hin­aus, dass es klüger ist, seinen Charak­ter zu löschen und noch mal von vorne anz­u­fan­gen. Wieder so ein typ­is­ches Beispiel für meine Rei­he: “Spielmechaniken, bei denen mir die Worte fehlen”. Man möge mich kor­rigieren, wenn der Schwachsinn mit­tler­weile abgeschafft wurde.

Das waren jeden­falls meine 5 Cent zum ach so tollen Skillbaum.

Lootsystem ist grauenhaft

Kom­men wir zum näch­sten Punkt: Dem Loot. Ihr erin­nert euch noch an das Loot­sys­tem von der Van­nilaver­sion von Dia­blo 3? Ihr spielt zwanzig Stun­den und sam­melt fast nur Mist ein. 200 Gegen­stände pro Stunde, wovon ihr — wenns hoch kommt — nur zwei gebrauchen kön­nt, während der Rest beim Händler ver­ram­scht wird. Selb­st nach dutzen­den Spiel­stun­den ken­nt ihr “Einzi­gar­tige Gegen­stände (Uniques)” nur von Erzäh­lun­gen wie: “Der Fre­und meines Schwa­gers, dessen Friseuse hat mal erzählt, dass bei ihr mal eine Kundin war, deren Enkel­tochter ange­blich mal einen einzi­gar­ti­gen Gegen­stand im Spiel gefun­den hat.” Das ist lei­der auch die Real­ität in PoE. Und anders als in Dia­blo 3, wo das Loot­sys­tem mit­tler­weile gefixt wurde, ist es in PoE immer noch ziem­lich­er Blödsinn. In meinen rund 20 Stun­den set­zte deswe­gen das Hack&Slay übliche Sam­melfieber zu keinem Zeit­punkt ein. An wirk­lich brauch­bare Gegen­stände kam ich nur, in dem ich meine Gegen­stände mith­il­fe von soge­nan­nten “Orbs” selb­st verza­uberte. Die Möglichkeit der Selb­stverza­uberung ist immer­hin ein klein­er Licht­blick, aber naja, ich hätte dann trotz­dem lieber ein klas­sis­ches Hack&Slay Loot­sys­tem und keine Wirtschaftssimulation.

Grafikdesign alles andere als toll

Nach­dem ich mich jet­zt über das Loot­sys­tem und den Tal­ent­baum aus­ge­lassen haben, kom­men wir nun zum let­zten Punkt mein­er Kri­tik: Dem grafis­chen Design. Damit meine ich nicht zwangsweise, dass hier Cryengine-like bom­bast­grafiken geboten wer­den soll­ten. Aber es muss trotz­dem stim­mig und hüb­sch sein. Ich habe mal zwei Stun­den am Stück gespielt und mich durch den zweit­en Akt gekämpft. Dort habe ich sicher­lich hun­derte von Geg­n­ern umgemäht. Anschließend habe ich mir dann mal die Frage gestellt: “Gegen was zum Teufel kämpf­st du da eigentlich?” Ich kann es bis heute allerd­ings nicht sagen. Und zwar nicht deswe­gen, weil die Geg­n­er bis zur Unken­ntlichkeit ver­stüm­melt waren, son­dern deswe­gen weil das Spiel kaum Licht­ef­fek­te besitzt und in manchen Abschnit­ten so dunkel ist, dass man Geg­n­er besten­falls daran erken­nt, dass da was durch die Schat­ten huscht.

poe battle

Aber selb­st in helleren Bere­ichen wie Akt 3, wird mein grafis­ches Empfind­en nicht unbe­d­ingt bess­er. Ja, ich erkenne die Geg­n­er gut. Aber die meis­ten Geg­n­er im Spiel wirken eher, als hätte sie ein 10-jähriger im Mon­stered­i­tor des Spieles “Spore” zusam­mengeschus­tert, als dass sie wirk­lich von einem erfahre­nen Design­er erstellt wur­den. “Hier 5 Beine, da ein Rüs­sel, hin­ten noch ein Sko­r­pi­onschwanz drauf und die oblig­a­torischen Schim­pansenohren als Brust­warzen” … Geg­n­er haben in dem Spiel keinen Wieder­erken­nungswert. Man läuft halt durch Lev­el und schlägt irgend­was, was einen ange­sprun­gen hat zu Brei. Meist sieht es hin­ter­her sog­ar bess­er aus als vorher. Und für ein Spiel, das seine Lebens­essenz daraus zieht, immer wieder die gle­ichen Geg­n­er zu töten, sind die einzel­nen Geg­ner­arten unglaublich charakterlos.

Fazit

Viele wer­den sich jet­zt fra­gen, wieso ich denn so viel Zeit in das Spiel investiert habe, wenn ich doch schein­bar alles so scheiße finde. Da muss ich allerd­ings sagen, dass trotz mein­er Kri­tikpunk­te das Spiel eben nicht scheiße ist. Denn das Game­play geht gut von der Hand. Es macht Spaß gewaltige Feuer­bälle in Geg­n­er­hor­den zu wer­fen. Auch seinen Charak­ter mit den ver­schiede­nen Zaubern zu indi­vid­u­al­isieren ist gut gelun­gen. Bosskämpfe sind fordernd und das Free To Play Mod­ell ist toll. Was ich die let­zten paar Minuten gemacht habe, ist also schon ein biss­chen Jam­mern auf hohem Niveau. Aber bei Konkur­renten wie Titan Quest, Grim Dawn, Dia­blo 3 und The incred­i­ble Adven­tures of Hells­ing hängt die Lat­te für das “nur” solide Path of Exile trotz­dem viel zu hoch.