Skyrim

Phinphin und MMOs. Eine Geschichte für sich

In meiner mittlerweile  20 Jährigen Karriere als Gamer ist mir erst drei Mal im positiven Sinne die Kinnlade runtergfallen. Das erste Mal als ich mit gut 6 Jahren mit Dune 2 zum allerersten Mal mit einem Computerspiel in Berührung kam. Das zweite Mal als ich mit 16 Jahren die Battlefield 1942 Demo von Wake Island gespielt habe. Und das dritte Mal als ich an meinem 19. Geburtstag zum ersten Mal vor den Toren Sturmwinds (World of Warcraft) stand.

Seit diesem Tage an wusste ich, dass in Zukunft MMOs eine sehr große Bedeutung bei meinem Hobby einnehmen werden. Und ich behielt Recht. Denn selten haben mich Spiele so lange gefesselt, wie das MMOs geschafft haben. In World of Warcraft habe ich wohl insgesammt mehr als 1500 Stunden investiert. Bei EVE Online dürften es auch knapp 500 Stunden sein. Und bei Guild Wars 2 werde ich demnächst die 400 Stunden Marke knacken.

Die Faszination von MMOs

Bei solchen Zahlen, habe ich mich natürlich schon öfter gefragt, was denn meine Faszination in MMOs ausmacht.
Die offene Welt? Haben Witcher 3, Dragon Age: Inquisition oder GTA auch. Keines der Spiele konnte mich länger als 25 Stunden unterhalten.
Das gemeinsame Spielen mit anderen Spielern? Ist sicher ein wichtiger Punkt. Aber das hatte ich auch schon in Guild Wars 1 oder Team Fortress und konnte mich dort auch nicht lange fesseln.
Die Story? Bezüglich der Storypräsentation sieht es in MMOs ja eher Mau aus. Auch können die tausend (Neben-)Geschichten dort auch selten das Niveau einer toll erzählten Geschichte erreichen. Dafür ist man als ein Held unter millionen und eine Quest unter tausenden einfach viel zu belanglos.
Das Sammeln von Items? Auch ein guter Punkt. Letztendlich halten mich Hack&Slays oder SoloRPGs meist aber auch nur bis ich das Spiel durchgespielt habe bzw. den Endboss besiegt habe.

Wenn man sich nie für MMOs begeistern konnte oder noch nie eins gespielt hat, dann ist Folgendes schwer nachzuvollziehen, aber: Während man bei anderen Genres einfach nur in einer imaginären Welt ein bisschen rumspielt, hat man in MMOs oft das Gefühl, dass man in dieser Welt leben würde. Das hört sich jetzt vielleicht etwas nerdig / traurig / erschreckend an, aber letztendlich ist es doch gerade im Bereich „Rollenspiele“, das was viele wollen: Eine glaubhafte und lebendige Welt mit unzähligen Beschäftigungsmöglichkeiten und sehr viel sozialer Interaktion. Denn wenn man sich in einer künstlichen Welt wie in einem „zweiten Zuhause“ fühlt, fällt es einem leichter Zeit dort zu verbringen.

Die glaubhafte Welt und die soziale Interaktion

Viele Solospiele versuchen genau aus dem Grund eine glaubhafte Welt zu simulieren. Die Elderscrolls-Reihe oder GTA wären hierfür gute Beispiele. Letztendlich merke ich dort allerdings doch an allen Ecken und Enden, dass mir die Interaktion mit anderen Spielern fehlt. Was nützt es mir, dass ein NPC-Schmied einen eigenen, simulierten Tagesablauf hat, wenn ich ihn nicht Fragen kann, wo er seinen schicken Brustpanzer her hat oder ob er nachher Lust hat mit mir einen Dungeon zu besuchen?

Als ich in World of Warcraft das erste Mal ins Schlingendorntal kam, kam ich auch zum ersten Mal mit Player Versus Player (PvP) in Berührung. Ich lieferte mir dort ein Stundenlanges Katz und Mausspiel mit Helden der feindlichen Fraktion. Das fühlte sich für meine damaligen Verhältnisse so unerwartet aufregend an. PvP hatte ich damals ja im Grunde nach auch in jedem Multiplayershooter: Mit dem Panzer durch die Berliner Straßen fahren und feindliche Spieler über den Haufen schießen. Das ist PvP ala Battlefield. Und das war genau das, was ich erwartet hatte, sobald ich die Battlefield.exe angeklickt hatte. Highscores knacken, ein tolles K:D Verhältnis erreichen und den Gegner in einem Match besiegen.

Die Intention des Spielers und seiner Figur

In World of Warcraft lief der Hase allerdings etwas anders. Grundsätzlich ging man nicht ins Schlingendorntal, um dort andere Spieler zu töten. Man ging dort hin um Quests zu erfüllen, um Rohstoffe zu sammeln und weiterzuleveln. Doch während ich gerade dabei war, einem toten Tiger das Fell abzuziehen, tauchte auf ein mal dieser hässliche Orc-Spieler vor mir auf und schlug mich zu Boden. Er erhielt dafür keinerlei Belohnungen. Es gab keine Highscores, kein Gold, keine Erfahrungspunkte, Gegenstände oder irgendwelche Medallien. Er machte es einfach, weil er gerade Lust drauf hatte.

Schlingendorn

Für jemanden, der immer ein konkretes Spielziel, welches mit Belohungen verbunden war, vor Augen hatte, war das eine völlig neue Erfahrung. Dem Orc-Spieler ging es nicht um Belohnungen. Er spielte stattdessen seinen Ingamecharakter aus. Ich war für ihn eine Bedrohung oder ein leichtes Opfer, also tötete er mich. So wie das ein Orc vielleicht wirklich getan hätte. Die Beweggründe des Spielers, deckten sich also weitestgehend mit denen der Figur, die er spielte. In Call of Duty 1 wäre wohl nie einer auf die Idee gekommen, deswegen zu schießen, weil er oder seine Spielfigur keine Nazis mögen. Man fühlt sich in Shootern einfach viel weniger mit seiner Figur oder der Welt darum verbunden.

Aber da lag ich nun, mitten im Dschungel, tot am Boden, während der feindliche Ork per Emotes auf meine Leiche spuckte. In anderen Genres bliebe mir dann nichts anderes übrig, als blöd aus der Wäsche zu schauen und das Gebiet zu meiden. Da allerdings noch hunderte andere Spieler in dem Gebiet unterwegs waren, habe ich im Chat nachgefragt ob mir jemand helfen könnte. Binnen weniger Minuten war eine ganze Schlachtgruppe aufgestellt, die von da an marodierend durch den Dschungel wütete und jeden Orc (oder deren Verbündete) tötete, die ihr über den Weg lief. Wir kamen dann auch in einem neutralen Lager an, in dem beide Fraktionen friedlich nebeinenander herspielten. Aber als wir dort ankamen waren wir schon so um Blutrausch, dass wir einfach alles niedermetzelten. Und zwar auch, weil wir gerade Lust drauf hatten.

Atmosphäre durch Glaubwürdigkeit

Solche Aktionen und deren Beweggründe sind ein sehr wichtiger Teil, einer glaubhaften Welt. In Solo RPGs erwische ich mich ständig dabei, dass ich Kämpfe meide, wenn mir die Belohnung nicht zusagt. Da kann 2 Meter vor mir ein kleines Kind um Hilfe rufen, wenn ich weiß, dass ich außer einem feuchten Händedruck nichts bekomme, lass ich das Kind weiter schreien, selbst wenn ich einen moralisch guten Charakter spielen möchte. Ich überspringe Aufgaben, lasse Dungeons aus oder ignoriere wichtige Entscheidungen. Lohnt es sich nicht, mach ich es nicht. Dadurch kann allerdings auch eine Menge Atmosphäre flöten gehen.

Guild-Wars-2-Tequatl-Rising-4

Guild Wars 2 versucht genau dieses Problem zu lösen. Durch selbstablaufende Events brauche ich mir die Frage dort oft gar nicht stellen, ob es sich lohnt die Zentauren zurückzuschlagen oder nicht. Wenn die Stadt in der ich gerade meine Rüstung repariere von Zentauren angegriffen wird, bleibt mir ja wohl nichts anderes übrig als mich zu verteidigen. Egal wie die Belohnung aussieht. Das ist meiner Meinung nach ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, wo doch eigentlich in den meisten RPGs die Gegner einfach nur blöd in der Pampa rumstehen und darauf warten vom Spieler gelyncht zu werden. Und wenn der Spieler halt gerade keinen Bock drauf hat, Kobolde zu erschlagen, dann stehen die morgen noch da.

Freie Wahl bei der Zielsetzung

In MMORPGs mache ich aber auch vieles abseits von festgelegten Aufgaben. Rollenspiel, Gildenmitgliedern helfen, ältere Dungeons säubern, Erfolge sammeln, meinen Kleiderschrank vervollständigen, etc. Das bringt mich im Spiel alles nicht unbedingt weiter, macht allerdings ne Menge Spaß. Generell strotzen MMORPGs nur so von Aufgaben, die man nicht vorgeschrieben bekommt, sondern sich selbst auferlegen kann. Letztendlich habe ich oft aber auch bei festgelegten Zielen die Wahl: „Mache ich PvP oder soll ich meine Story weitermachen? Wie siehts mit Handwerk aus? Oder soll ich lieber XY machen?“

Und genau diese Punkte machen für mich die Faszination und den Spielspaß in den meisten MMOs aus.
Gerade im Hinblick auf Skyforge, den Entwicklungen in WoW oder anderen aktuellen MMOs wie Wildstar ist es jedoch sehr schade, dass immer weniger wert auf diese Dinge gelegt wird. Was genau ich damit meine, erfahrt ihr in einem kommenden Artikel.


Kommentare

4 Antworten zu „Phinphin und MMOs. Eine Geschichte für sich“

  1. Also ich habe mich seit WoW-Classic mit ~120 Tagen Spielzeit auf meinem Main immer von MMOs fernhalten wollten. Diablo III hat mich nochmal knapp 600 Stunden gekostet, aber auch da habe ich mich immer wieder darueber geaergert. Hauptsaechlich aber aus dem Grund, dass ich in den hunterten Stunden auch so viele andere tolle Games haette spielen koennen, diese jetzt aber einfach weiter auf meinem Pile of Shame vergammeln 🙁

    1. oO 120 Tage in WoW? Alleine in Classic? Wie hast du denn das hinbekommen?

      1. Das war zu Schulzeiten und ich habe aktiv PVP betrieben ;D

  2. Das wird wohl nie mein Genre werden, weil die meisten Vertreter (insbesondere WoW und dessen Klone) mich schon beim bloßen Anblick zum Gähnen zwingen. Dennoch habe ich es noch nicht komplett aufgegeben und werde wohl irgendwann noch mal einen Versuch mit The Secret World wagen. Auf The Division freue ich mich auch, aber das sehe ich mehr als MP-Shooter mit besonders vielen Spielern ^^

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert