… einen Geld­kof­fer find­en und diesen höflicher­weise sofort seinem Besitzer zurückgeben.
… in Schwimm­bädern Frauen betatschen.
… einen kleinen Jun­gen vor dem Ertrinken retten.
… ihnen über­lassene Woh­nun­gen kom­plett verwüsten.

Derzeit kur­siert wieder in ver­schieden­sten Medi­en die Geschichte vom Flüchtling, der in einem gebraucht­en Klei­der­schrank Geld / Wert­pa­piere im Wert von 150.000 Euro gefun­den hat. Das Geld hat er nicht behal­ten, son­dern der Polizei übergeben.

Min­den (ots) — Ein 25-jähriger Flüchtling aus Syrien hat in Min­den in einem gespende­ten Schrank Bargeld in Höhe von 50.000 Euro sowie mehrere Spar­büch­er mit einem Guthaben von über 100.000 Euro gefun­den und bei den Behör­den abgeben. Für Polizei und Stadt ist er nun der Held des Tages. Polizei Min­den-Lübbecke

Ger­ade in den let­zten 24 Monat­en fan­den sich ja häu­figer solch­er Artikel, die über Flüchtlinge bericht­en, die mehrere tausend Euro find­en und diese dem Besitzer zurück­geben, anstatt sie sich selb­st in die Tasche zu steck­en. Natür­lich behaupten dann beson­ders “find­i­ge” Men­schen, wie unglaub­würdig das alles ist. Ständig wür­den ja Flüchtlinge Geld find­en und zurück­geben. Und natür­lich ist der Durch­schnitts­bürg­er dann nicht mehr weit davon zu erk­lären, dass das Pro­pa­gan­da der Gut­men­schen-Lügen­presse ist, die ver­sucht das Deutsche Volk zu belü­gen. Und wieso Flüchtlinge bei jed­er guten Tat sofort einen eige­nen Artikel spendiert bekom­men, während dem deutschen Obdachlosen keine Beach­tung geschenkt wird.

1. Es kommt in die Medien, was die Leser interessiert

An solchen Aus­sagen sieht man lei­der, dass es ger­ade auch in Sachen Medi­enkom­pe­tenz bei uns enor­men Nach­holbe­darf gibt. Das fängt schon damit an, dass Leute keine Ahnung darüber haben, wie Massen­me­di­en funk­tion­ieren. Da gehts nicht zwangsweise darum, über das zu bericht­en, was enorm wichtig ist, son­dern meist darum, über das zu bericht­en, was die Leute inter­essiert. Deswe­gen dominieren bei Fußballmeis­ter­schaften häu­fig Artikel über Götze und Co. die Schlagzeilen, selb­st dann wenn in der Poli­tik ger­ade wichtige Entschei­dun­gen getrof­fen wer­den. Deswe­gen kommt es auch häu­fig vor, dass nicht ein Ter­ro­ran­schlag, son­dern das Sexvideo von Star XY das Titel­blatt dominiert.

Als Jour­nal­ist bin ich meist darauf angewiesen, dass mein Artikel häu­fig gele­sen wird. Also suche ich mir oft The­men raus, die die Bevölkerung stark inter­essieren. Und da das The­ma “Flüchtlinge” seit fast 2 Jahren starkes Inter­esse her­vor­ruft, gibts zu diesem The­ma auch über­pro­por­tion­al viele Artikel. Es inter­essiert halt kaum einen, ob Hans-Peter aus Köln 2.000 Euro gefun­den hat. Wenn das einem Flüchtling passiert, geht das allerd­ings tage­lang durch alle Medi­en. Umgekehrt inter­essiert es aber auch keinen, ob Hans-Peter einen Tax­i­fahrer von hin­ten abgestochen hat. Wenn aber ein Flüchtling der Straftäter ist, dann geht das eben­falls durch alle Medien.

2. Nur weil etwas häufiger thematisiert wird, heißt das nicht, dass es häufiger auftritt

Das bedeutet, dass man sehr viel häu­figer ein Artikel über Flüchtlinge als über eine andere Per­so­n­en­gruppe liest. Und genau hier kom­men wir zum näch­sten Prob­lem: Durch die hohe Präsenz und der Häu­figkeit der Pro- bzw. Con­tra-Artikel über Flüchtlinge in den Medi­en, ziehen viele Rückschlüsse auf die gesamte Bevölkerungs­gruppe (Flüchtlinge). Wenn ich jeden Tag etwas darüber lese, dass wieder irgen­dein Flüchtling was Schlimmes gemacht hat — dem gegenüber aber kaum Artikel über Deutsche lese, die Mist gebaut haben (Gründe dafür bei Punkt 1.) — dann erweckt das meist den Anschein, als seien Flüchtlinge bösar­tiger als Deutsche.

Das bet­rifft aber nicht nur die Negativ‑, son­dern auch die Pos­i­ti­var­tikel. Liest man nur pos­i­tive Nachricht­en über Flüchtlinge, kön­nte man meinen, dass nur ehrliche, hochge­bildete und weltof­fene Men­schen nach Deutsch­land flücht­en. Das ist natür­lich genau­so Quatsch. Da darf man sich nicht von der Häu­figkeit der Artikel bee­in­flussen lassen, son­dern muss etwas googlen oder Sta­tis­tiken her­anziehen. Dann stellt man schnell fest, dass jährlich auch sehr viele Deutsche Geld find­en und es zurück­geben. Oder die Anzahl an Gewaltver­brechen in allen Bevölkerungs­grup­pen etwa gle­ich hoch ist.

3. Nur weils mir nicht passt, muss es nicht automatisch Teil einer Verschwörung sein

Medi­en kön­nen sehr wohl lügen. Medi­en kön­nen sehr wohl Wahrheit­en ver­schweigen oder ver­suchen den Leser zu manip­ulieren. Deswe­gen ist es immer wichtig die Quellen zu beobacht­en und genau­so wichtig ist es, den Wahrheits­ge­halt eines Artikels in einem anderen Artikel zu über­prüfen. Die meis­ten wis­sen ja schon seit Jahren, dass es die Bildzeitung mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Haupt­sache die Schlagzeile auf Aufla­gen­zahlen stim­men. Um zu über­prüfen wo geflunk­ert wurde, kann man andere Medi­en wie z.B. den Bild­blog her­anziehen. Mit anderen Zeitschriften, Artikeln oder Bildern ver­hält es sich ähn­lich. Mit etwas Recherche kann man meist schnell raus­find­en, ob da Blödsinn steht.

Wichtig ist es aber let­z­tendlich, ob die Quelle stimmt bzw. glaub­würdig ist. Ser­iöse Medi­en soll­ten eigentlich immer auf die Quelle ver­weisen. Und wenn die Quelle eine Polizeimel­dung ist, dann zweifel ich den Wahrheits­ge­halt in der Regel nicht an. Kann man zwar machen, aber dann macht man sich selb­st unglaub­würdig, wenn man auf der anderen Seite sofort zeter et mor­dio schre­it, wenn in der näch­sten Polizeimel­dung von der Verge­wal­ti­gung durch einem Flüchtling die Rede ist.

Viele haben heutzu­tage lei­der ein stark selek­tives Ver­trauensver­hält­nis zu Medi­en. Solange die Medi­en über etwas bericht­en, was einem ger­ade gut in den Kram passt, ist alles in Ord­nung. Sobald aber über etwas berichtet wird, was der eige­nen Überzeu­gung wider­spricht, wird ohne jegliche Recherche von “Ver­schwörung” gesprochen. Und in Zeit­en des Inter­nets gibts lei­der noch genug andere Leute, die dann auf den Zug mitaufspringen.